Die gesamte Länge der Wasserleitungsrohre unter den Strassen in der Stadt St.Gallen beträgt circa 320 Kilometer; das entspricht der A1-Strecke von hier an den Lac Léman. 2015 brachen in der Stadt 130 Wasserleitungen – kleine und grosse.
Der Wasserrohrbruch an der Fürstenlandstrasse in der Nacht auf Sonntag war ein grosser (Tagblatt von gestern und vorgestern). Haushaltungen in diversen Quartieren im Westen der Stadt hatten zeitweise kein Wasser. Das hatte seinen Grund: Ein Schieber im Leitungssystem konnte nicht geschlossen werden. «Darum musste ausnahmsweise ein relativ grosses Gebiet vom Netz genommen werden», sagte Marcel Steiger, Bereichsleiter Netz Gas und Wasser bei den St.Galler Stadtwerken (SGSW), gestern auf Anfrage - ohne zu ahnen, dass es in der Nacht auf Mittwoch im selben Bereich erneut zu einem Vorfall kommen sollte.
Bei den SGSW arbeiten rund 300 Personen, 70 in der von Steiger geleiteten Abteilung. An 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr organisieren die SGSW einen Notfall-Pikettdienst. Bricht ein Rohr, fahren zwei Rohrnetz-Monteure auf den Schadenplatz, zwei SGSW-Mitarbeitende fahren in die Zentrale und nehmen allenfalls Reservoire (es gibt 19 in der Stadt) oder Leitungsabschnitte vom Netz. «Das machen wir so eng wie möglich um das Leck und so weit wie nötig», sagt Ulrich Häfliger, Abteilungsleiter Rohrnetz bei den SGSW. Die Rohrnetz-Monteure bieten je nach Grösse des Schadenfalls Equipen von Bauunternehmungen auf, die mit den SGSW vertraglich Kooperationen eingegangen sind und ebenfalls das ganze Jahr und rund um die Uhr im Notfall bereitstehen müssen.
Nicht ohne Stolz sagt Häfliger, dass bei acht von zehn Wasserrohrbrüchen innert vier bis fünf Stunden alle leckgeschlagenen Rohre repariert und die Gräben in der Strasse oder im Trottoir wieder aufgefüllt sind. Der Notfall-Pikettdienst der SGSW hatte im vergangenen Jahr viel zu tun: 130 Rohre brachen. Ein Jahr zuvor musste der Dienst 109mal ausrücken, 2013 barsten 118 Rohre. «Wir wollen diese Zahlen nach unten korrigieren», sagt Häfliger. Und Steiger fügt hinzu: «Die 130 Rohrbrüche im vergangenen Jahr waren ein Ausreisser nach oben.» So oder so: Die Stadtwerke führen eine Rohrbruch-Statistik. Jeder Vorfall wird akribisch registriert. Ein Beispiel: 20. April 2015, Oberstrasse 149, Material: Duktilguss, Durchmesser: 150 Millimeter, Schadenbild: Korrosion allgemein, allgemeiner Zustand: schlecht, Umhüllung: Sand, Bemerkung: Dichtschelle montiert.
Die Angaben der Protokolle werden hernach ins Geoinformationssystem (GIS) übertragen. Am Bildschirm können Steiger und Häfliger sofort erkennen, in welchen Gebieten häufig Rohre brechen – und können reagieren. Die SGSW reissen aber aus Kostengründen nur im äussersten Notfall ganze Strassenzüge auf, um Wasserleitungen auszuwechseln. «Wir wissen haargenau, wo Handlungsbedarf besteht», sagt Steiger. «Wir versuchen aber, unsere Arbeiten mit denjenigen der Bereiche Strom, Glasfaser und Fernwärme sowie des Abwassers zu koordinieren.» Bei koordinierten Leitungsarbeiten können sich die Abteilungen die Kosten für die Tiefbauarbeiten teilen. Ein wesentlicher Kostentreiber sind die Strassenbelagsarbeiten; sie machen rund ein Drittel der Erneuerungs- und Reparaturarbeiten aus.
Einen Vergleich der Zahlen der Rohrbrüche mit anderen Städten haben die SGSW-Verantwortlichen nicht. Das hängt damit zusammen, dass die St. Galler Stadtwerke auch den kleinsten Schadenfall in ihre Statistik aufnehmen – darunter auch solche, die von der breiten Öffentlichkeit gar nicht wahrgenommen werden. In St. Gallen fliesst Wasser durch Rohre, die zum Teil über 100 Jahre alt und noch aus Grauguss sind. «Das älteste Rohr liegt unseres Wissens unter der Rorschacher Strasse; es hat Jahrgang 1895», sagt Steiger.