Wermelskirchen: Das Bergische Heimatlied löst viele Emotionen aus

2022-07-22 17:44:05 By : Ms. Rudy Zhang

Wermelskirchen Wenn die Bergischen Fuhrmänner Liedwünsche annehmen, dann will das Publikum oft das „Bergische Heimatlied“ hören. Das hat es in sich.

Peter Rinne (Foto: Theresa Demski) kennt diese Augenblicke – wenn er als Bergischer Fuhrmann auf der Bühne steht, die sieben Männer mit ihren starken, tiefen Stimmen das Bergische Heimatlied anstimmen und im Publikum plötzlich ein erstes Tränchen im Augenwinkel auftaucht. „Das Lied ist bei vielen Menschen mit einer großen Emotionalität verbunden“, erzählt Rinne, der nicht nur die Fuhrmänner, sondern auch den MGV Niederwermelskirchen und den Posaunenchor in Neuenhaus leitet.

Auch deswegen gehört das Lied zum festen Repertoire fast jedes Männerchores im Bergischen Land. „Spätestens bei der letzten Zeile stimmt das Publikum dann mit ein“, erzählt Rinne. Da ist meine Heimat, mein Bergisches Land. Viele Zuhörer seien aber auch über die vertraute Zeile hinweg textsicher

1. Wo die Wälder noch rauschen, die Nachtigall singt, die Berge hoch ragen, der Amboss erklingt. Wo die Quelle noch rinnet aus moosigem Stein, die Bächlein noch murmeln im blumigen Hain. Wo im Schatten der Eiche die Wiege mir stand, da ist meine Heimat, mein Bergisches Land.

2. Wo die Wupper wild woget auf steinigem Weg. An Klippen und Klüften sich windet der Steg. Wo der rauchende Schlot und der Räder Gebraus, die flammende Esse, der Hämmer Gesaus verkünden und rühmen die fleißige Hand: Da ist meine Heimat, mein Bergisches Land.

3. Wo die Schwerter man schmiedet dem Lande zur Wehr, wo’s singet und klinget dem Höchsten zur Ehr, wo das Echo der Lieder am Felsen sich bricht, der Finke laut schmettert im sonnigen Licht, wo der Handschlag noch gilt als das heiligste Pfand, da ist meine Heimat, mein Bergisches Land.

4. Wo so wunderbar wonnig der Morgen erwacht, im blühenden Tale das Dörfchen mir lacht, wo die Mägdlein so wahr und so treu und so gut, ihr Auge so sonnig, so feurig ihr Blut, wo noch Liebe und Treue die Herzen verband: Da ist meine Heimat, mein Bergisches Land.

5. Keine Rebe wohl ranket am felsigen Hang, kein mächtiger Strom fließt die Täler entlang. Doch die Wälder sie rauschen so heimlich und traut, ob grünenden Bergen der Himmel sich blaut, drum bin ich auch weit an dem fernesten Strand: Schlägt mein Herz der Heimat, dem Bergischen Land.

Die heute nicht mehr gesungene Kaiserstrophe: Wo den Hammer man schwinget, mit trotziger Kraft, da schwingt man die Schwerter auch heldenhaft, wenn das Vaterland ruft, wenn das Kriegswetter braust, hebt kühn sich zum Streite die bergische Faust, dem Freunde zum Schutze, dem Feinde zur Schand, mit Gott für den Kaiser, fürs Bergische Land!

Wenn die Bergischen Fuhrmänner – die einst antraten, um es wie ihre Namensgeber zu machen und in diesem Falle das kulturelle Gut unter die Menschen zu bringen – das Lied anstimmen, dann singen sie meist drei der insgesamt sechs Strophen. „In der klassischen Komposition“, sagt Peter Rinne und wirft einen Blick in die Geschichte des Liedes. Als sich 1892 der Oberpräsident der preußischen Rheinprovinz Berthold von Nasse und der Düsseldorfer Regierungspräsident in Solingen ankündigten, sollte der Solinger Sängerbund ein Heimatlied anstimmen. Aber es gab keines. Also machte sich Rudolf Hartkopf, Hausdichter des Sängerbundes, an die Arbeit und dichtete das Bergische Heimatlied – während Musikdirektor Caspar Josef Brambach die Melodie beisteuerte.

„Musikalisch ist das Lied eher schlicht“, sagt Rinne, „so wie auch andere Volkslieder“. Ein langsamer Drei-Viertel-Takt, drei Akkorde – Tonika, Dominante und Subdominante – und das Kunststück ist vollbracht. Die Strophen allerdings haben es in sich: „Sie sind natürlich ein Spiegel der Zeit“, sagt Rinne. Und auch deswegen werden heute längst nicht mehr alle gesungen. Die Kaiserstrophe, die nachträglich auf den Wunsch des Oberpräsidenten gedichtet wurde, sei gar nicht mehr zeitgemäß, sagt Rinne – zu kämpferisch. Und auch wer bei den anderen Strophe genau hinsehe, empfinde heute wohl zuweilen Befremden. „Aber gleichzeitig trägt es eben auch ein Stück Kulturgeschichte in sich“, sagt der Dirigent. Rauschende Wälder, der Amboss, das Bächlein und die Eiche, die Wupper und die Hämmer, blühende Täler und lachende Dörfer: Es sei die Geschichte des Handwerks, die auf die Schönheit der Natur und die in dem Lied auf die Mentalität der Menschen treffe – vor allem, wenn sich Chöre bei Konzerten und Auftritten in Wermelskirchen auf Strophe eins, zwei und fünf konzentrieren.

Sowohl der MGV Niederwermelskirchen als auch die Fuhrmänner singen das Lied in vier Stimmen – zweimal Tenor und zweimal Bass. „Der Posaunenchor sorgt mit seinem Bergischen Heimatmarsch gelegentlich für überraschte Blicke im Publikum“, erzählt Rinne. Dort nämlich folgen auf Kompositionen von Carl Remy im vierten Teil, dem Trio, plötzlich Auszüge aus dem Bergischen Heimatlied – unerwartet, aber deutlich erkennbar. Ohnehin habe es in den vergangenen Jahren immer mal wieder Abwandlungen des Stückes gegeben – etwa wenn die Bigband des Westdeutschen Rundfunks eine Swing-Version anstimmte und auch kurzerhand den Text modernisierte oder die Solinger Rockband „The Lonestars“ 2005 die vertraute Melodie mit Rock ’n’ Roll aufmischte. Trotzdem habe es das Lied eher nicht bis in die jüngere Generation geschafft, sagt Peter Rinne. Jungen Leuten müsse man das Heimatlied erklären.

Das passiert bei älteren Semestern mit Wurzeln im Bergischen Land nicht – ganz im Gegenteil. „Da werden mit dem Lied Erinnerungen und Bilder lebendig“, sagt Rinne. Dann bekommt Heimatgefühl eine Melodie.

Ihre Meinung zum Thema ist gefragt

Schreiben Sie jetzt Ihre Meinung zu:

Beachten Sie dabei bitte unsere Regeln für Leserkommentare

Hinweis: Adblocker können zu Darstellungsproblemen bei der Kommentarfunktion führen

Der Kommentarbereich ist derzeit geschlossen. Der Kommentarbereich ist wieder ab 9 Uhr geöffnet.

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, wir haben Ihnen die Kommentarrechte für Ihr Profil entzogen. Zu dieser Maßnahme sehen wir uns gezwungen, da Sie mehrfach und/oder in erheblichem Maße gegen unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen verstoßen haben. Viele Grüße Ihr RP ONLINE Team

Ihr Kommentar-Profil wurde auf Ihren Wunsch gelöscht.

Deshalb können Sie nur einen Teil der Antworten sehen und nicht mehr kommentieren. Zum reaktivieren Ihres Kontos wenden Sie sich bitte per E-Mail an community@rp-online.de

Die Kommentarfunktion auf unserer Webseite ist exklusiv für unsere Digital-Abonnenten. Sie wollen mit uns diskutieren? Dann testen Sie RP+ für nur 1 € pro Woche! Wenn Sie schon ein Abo haben, können Sie sich hier einloggen.

Die Kommentarfunktion auf unserer Webseite ist exklusiv für unsere Digital-Abonnenten. Sie wollen mit uns diskutieren? Dann testen Sie RP+ für nur 0,99€ im ersten Monat.