Ab ins Granit-Bergwerk – Schweden baut Endlager für 100.000 Jahre | STERN.de

2022-04-22 18:04:56 By : Mr. Thomas Ban

In Deutschland sucht man schier endlos nach einem geeigneten Endlager für den Atommüll. In Skandinavien scheint man dagegen entschlussfreudiger zu sein. Die schwedische Regierung hat grünes Licht für den Bau eines Lagers gegeben, das die abgebrannten und hoch radioaktiven Kernbrennstoffe des Landes für die nächsten 100.000 Jahre sicher aufbewahren soll.

Das schwedische Kernbrennstoff- und Abfallentsorgungsunternehmens SKB sagte dazu: "Es ist eine historische Entscheidung, die es SKB ermöglicht, den von unserer Generation produzierten Atommüll zu entsorgen. Diese Entscheidung wird von uns begrüßt. Wir freuen uns nun darauf, Schwedens größtes Umweltschutzprojekt zu verwirklichen." Das Wort "Umweltschutz" mag eingefleischten AKW-Gegnern sauer aufstoßen, doch der Atommüll ist vorhanden und kann gerade aus Umweltgründen nicht ewig improvisiert zwischengelagert werde.  SKB gilt weltweit als führend in diesem Bereich. Auch das Endlager in Finnland basiert auf dem schwedischen Verfahren KBS-3. Die Schweden erhoffen sich weltweit weitere Aufträge.

Die beiden Lager kann man weltweit als erste Projekte für ein Endlager nach heutigen Sicherheitsvorschriften bezeichnen. KBS-3 orientiert sich beim Standort an den Bedingungen wie sie bei natürlichem Vorkommen von radioaktivem Material herrschen. Sowohl in Finnland wie auch in Schweden wird die Anlage in Granit errichtet. Den Abfall lässt man zunächst abklingen, um die thermischen Belastungen zu reduzieren. Dann wird er in Gusseisen eingeschmolzen. Diese Kanister kommen wiederum in einen Kupferbehälter. Die Kübel werden dann in über 500 Tunneln gelagert, die 500 Meter unter der Oberfläche liegen. Für jeden Kupferbehälter wird eine eigene Höhlung geschaffen, in die er versenkt wird, und die anschließend mit Bentonit-Ton versiegelt wird. Dort sollen die radioaktiven Abfälle dann 100.000 Jahre lang ruhen.

Umweltministerin Annika Strandhäll verteidigte das Projekt gegen Kritiker. "Es ist unverantwortlich, Atommüll Jahr für Jahr ohne Plan einfach zu vererben. Wir dürfen die Verantwortung nicht an unsere Kinder und Enkel weiterreichen. Unsere Generation muss Verantwortung für unseren Abfall übernehmen. Deshalb lässt die Regierung den nächsten Schritt im Überprüfungsverfahren zu."

"Wir und Finnland sind die Ersten weltweit, die Verantwortung für Atommüll übernehmen. Dies wird ein sicheres Endlager sein, das sowohl der Umwelt als auch den Menschen Sicherheit bietet." Interessant ist, dass die Entscheidung der Regierung erst getroffen wurde, nachdem die Anwohner am Standort Forsmark für die Pläne votiert hatten.

Schweden hatte schon 1980 für den Ausstieg aus der Kernenergie gestimmt, es handelt sich also primär darum, die Altlasten unterzubringen. Aus dieser Zeit arbeiten noch derzeit sechs Reaktoren. Insgesamt wurden etwa 8.000 Tonnen hoch radioaktiven Abfall produziert.

An dem Projekt des Endlagers wurde 40 Jahre lang gearbeitet, der eigentliche Bau soll schnell vonstattengehen. In zehn Jahren soll die Anlage in Betrieb gehen. Nach dem grünen Licht durch die Regierung, wartet SKB nun auf den Abschluss des Genehmigungsverfahrens durch den Land- und Umweltgerichtshof und auf eine abschließende Genehmigung durch die schwedische Strahlenschutzbehörde. Der Bau der Anlagen in Finnland und Schweden bringt SKB in eine einzigartige Position. Auch die Staaten, die die Entscheidung noch vor sich herschieben, können die Endlagerfrage nicht endlos vertagen. Sie müssen sich irgendwann für einen Standort und eine Technik entscheiden.

© G+J Medien GmbH