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Herausgegeben von Gerald Braunberger, Jürgen Kaube, Carsten Knop, Berthold Kohler
Techniker messen das Profil der Lauffläche Bild: Peter Thomas
Die Bürger gehen gegen den Krach der Güterzüge auf die Barrikaden. Neue Bremsen, aber auch Maßnahmen an Gleiskörper und Schiene können den Lärm vermindern.
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D er Unterschied ist deutlich zu hören: Besteht ein Güterzug aus Waggons mit aktueller Bremstechnik, dann rollt er leiser durchs Land als ein Verbund aus alten Wagen. Dabei sorgt allerdings nicht etwa das Verzögern des Zuges für unterschiedlich lauten Krach, vielmehr ist die Auswirkung der verschiedenen Bremsbeläge auf die Lauffläche der Räder entscheidend: Alte Bremsklötze aus Grauguss schleifen Riefen in die stählernen Laufflächen von Eisenbahnrädern, was wiederum für das starke Abrollgeräusch der Wagen sorgt. Besonders laut wird es, wenn die rauhen Räder über ein ebenfalls rauhes Gleis donnern. Wird hingegen mit Sohlen aus einem Komposit-Werkstoff (K-Sohle) gebremst, bleiben die Räder glatter und der Lärmpegel sinkt. Das war vergangene Woche beim Ortstermin mit Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer und Bahn-Chef Rüdiger Grube in Bingen am Rhein mit bloßem Ohr zu hören, Schallmessungen unterstrichen die Wahrnehmung.
Aber kann solch eine Laborsituation die im Alltag erlebte Lärmeinwirkung realistisch abbilden? Ortstermin in Kaub, ein anschwellendes Brummen wie fernes Donnergrollen kündigt den Leviathan an. Dann biegt der mehr als einen halben Kilometer lange Güterzug mit seinem Tross aus Kesselwagen um die Kurve, röhrt dröhnend durch das eben noch so beschauliche Städtchen. Den Touristen auf der Restaurantterrasse wackelt das Steak auf der Gabel, Protestplakate der Anwohner zittern im Lärm, nur das Denkmal Blüchers schaut weiter stoisch über den Rhein. An Nachtruhe sei nicht zu denken, sagen die Menschen in der Stadt, die dröhnenden Züge raubten einem den Schlaf. Ein paar Kilometer weiter in Rüdesheim ergibt sich am Bahnübergang das gleiche Bild.
Dass mittlerweile viele Güterwagen mit neuen Bremsen ausgerüstet sind, hört man kaum. Tatsächlich stelle sich ein merklicher Effekt erst ein, wenn mindestens vier von fünf Waggons mit der so genannten Flüsterbremse verzögern, bestätigt die Bahn. Einen Vorgeschmack gab der Versuch in Bingen, wo 20 aneinandergekoppelte Waggons mit herkömmlichen Bremsen einen Schalldruckpegel von rund 90 dB(A) erzeugten, während ein genauso großer Verband aus Wagen mit K-Sohle knapp 80 dB(A) erreichte - für das Gehör ist das halb so laut.
Von solchen Zügen als Standard ist man im europäischen Eisenbahnverkehr aber noch weit entfernt. Seit 2001 kauft immerhin die Gütersparte der Deutschen Bahn nur noch Wagen, deren Klotzbremsen mit der K-Sohle ausgerüstet sind. Diese Waggons sind an einem gelb lackierten K am Chassis zu erkennen. Rund 7000 Stück sind es bisher bei DB Schenker Rail - dem steht ein Gesamtbestand von 60 000 Wagen gegenüber. Dazu kommen weitere 60 000 Wagen anderer Betreiber in Deutschland und noch einmal rund 60 000 ausländische Waggons, die im deutschen Schienennetz in nennenswertem Umfang eingesetzt werden.
Der umfassende Umbau der Flotte ist in den kommenden Jahren durch Neuanschaffungen alleine nicht zu leisten. Doch eine Umrüstung bestehender Wagen braucht offenbar erheblich länger als ein Namenswechsel des Unternehmens, das einst als Güterverkehrsbereich der Bundesbahn firmierte, nach der Privatisierung zuerst 1999 in DB Cargo und dann 2003 in Railion Deutschland umgetauft wurde. Seit 2009 heißt die Güterbahn nun DB Schenker Rail. Die Erkenntnis, dass der Einsatz von Wagen mit Bremssohlen aus Kunststoff-Metall-Komposit den Lärm effektiv senken kann, hat diese Zeit begleitet - bisher ohne einschneidende Veränderungen am bestehenden Fuhrpark. Immerhin rüstet DB Schenker Rail nun die ersten 1150 Wagen aus dem Bestand mit K-Sohlen nach, 60 Stück davon werden schon eingesetzt.
Grund für die schleppende Veränderung sind die Kosten. Denn die K-Bremssohlen haben gegenüber den Grauguss-Klötzen einen anderen Reibwertverlauf. Während die Bremskraft der Grauguss-Sohlen mit steigender Geschwindigkeit zunächst stark abnimmt und sich dann auf einen geringen Wert einpendelt, verzögern die K-Sohlen nahezu linear. Das heißt, dass sich bei höherem Tempo der Druck, der auf den Bremsschuh ausgeübt werden muss, weniger verändert. Bei einer Umrüstung alter Wagen können also nicht einfach die Bremssohlen ausgetauscht werden, auch die Mechanik muss angepasst werden. Das Dilemma soll die „LL-Sohle“ lösen. Das Kürzel steht für „low noise, low friction“ (geringer Lärm, geringe Reibung) und beschreibt eine Verbundstoff-Bremssohle aus Metallfasern und Kunststoff, der die Ingenieure eigens ein schlechteres Bremsverhalten antrainiert haben, so dass ihre Reibwertkennlinie weitgehend der von Graugusssohlen entspricht. Bei einer Umrüstung alter Wagen mit der LL-Sohle könnte auf umfangreiche Anpassungen der Bremstechnik verzichtet werden. Die Kosten lägen deshalb nur bei rund 2000 Euro je Güterwagen, während für den Umbau auf K-Sohle etwa 6000 Euro genannt werden.
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Gegen den Lärm der Güterzüge
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