Aber genau hier setzen wir heute an: Der „Tone of Voice“, welcher oftmals unterschätzt, vernachlässigt, „einfach mitgemacht“ oder schlicht vergessen wird, bestimmt maßgeblich, welchen Stil bzw. welche Stimmung die Unternehmenskommunikation verkörpert und welche Kernbotschaften, wie transportiert werden.
Das fängt bereits beim bloßen Wording an und mündet in der klar definierten „Brand Voice“. Doch wie sich der anfänglich auf dem Reisbrett skizzierte Tone of Voice im Zusammenspiel mit der Markenstimme an die definierten Target Groups richtet, ist ein Punkt, welcher innerhalb jedes Brand Building-Prozesses zwingend erarbeitet und abgehakt werden muss. Denn wie soll sonst der Azubi die gleiche Art Kommunikation und den gleichen Schwerpunkt setzen, wie der CEO, der die Brand Voice im besten Falle bereits von Anfang an verinnerlicht und geprägt hat? Wie können die Mitarbeiter klar verstehen, zu welchem Zeitpunkt die Marke autoritär und mal mit einem Augenzwinkern an die Zielgruppe herantritt? Ganz klar: mit einem Plan. Und diesen sollten nicht nur global agierende Brands in der Schublade haben, sondern gerne auch selbstbewusste Mittelständler sowie die kleine Pralinenmanufaktur von nebenan. Aber wie finde ich den richtigen Ton, der zu meiner Marke passt und nicht willkürlich wirkt?
Sicherlich gibt es die ein oder andere Marke, die auf „gut Glück“ eine aus dem Guss wirkende, authentische Brand Voice verwendet, doch das sind eher die Ausnahmen.
Wie bereits kurz angeteasert braucht es einen konkreten Meilenstein innerhalb der Markenentwicklung, der sich ausschließlich diesem Thema widmet und in Zuge dessen das Anforderungsprofil sowie die Leitplanken der künftigen Kommunikation abklopft und festlegt.
Die blauäugige Hoffnung, dieses Unterfangen lässt sich gemütlich in einem Halbtags-Workshop entwickeln, um danach den Fokus wieder auf die visuelle Konzeption der Kommunikationsmittel zu legen, muss ich direkt enttäuschen. Denn es gilt, einen nicht zu unterschätzenden Maßnahmenplan abzuarbeiten: Als allererstes braucht es eine Marken-, Kommunikations- und kanalspezifische Content-Strategie, um die verschiedenen Inhalte sinnvoll über Facebook, Instagram, Twitter und Co. sowie der eigenen Website wortwörtlich zu orchestrieren. Sind die einzelnen Touchpoints konkretisiert, kann darauf aufbauend in die „sensibleren“, feinfühligeren Bereiche der Tonality eingestiegen werden.
In diesem Zusammenhang müssen zusätzlich phonetische Aspekte, Wortwahl und Sprachstil hinterfragt und ein einheitlicher Ansatz definiert werden, wie die Marke ganzheitlich kommuniziert: Wird „gesiezt“ oder „geduzt“? Wie sieht es mit Gendern aus? Ist der Tone of Voice eher dominant, spielerisch, intellektuell, wissenschaftlich, nüchtern oder emotional? Erwartet meine Community ein Vokabular, welche meine Kompetenz untermauert oder sollen die Wörter „nur“ melodisch klingen? Möchten meine (potentiellen) Kunden eine kurze, prägnante Ansprache oder doch lieber lange, mit blumigen Adjektiven verzierte Texte, die zum Träumen einladen? Wichtig ist, dass der Kommunikationsstil klar erkennbar zu den Werten und der Persönlichkeit der jeweiligen Brand passt und nicht störend oder wie ein künstlicher Fremdkörper wahrgenommen wird.
So ist bei einer Anwaltskanzlei oder einem Finanzunternehmen wohl eher eine seriöse und informative Ansprache empfehlenswert. Ein junges Start-Up oder eine stylische Sportmarke kann sicher direkter, lockerer und persönlicher mit der Zielgruppe interagieren. Darüber hinaus ist entscheidend, auf welchem Kanal kommuniziert wird: In einem Anschreiben oder E-Mail sollte eine sachlicher Ton angeschlagen werden.
Über Social Media ist jedoch gegen ein emotionales oder freches Wording nichts einzuwenden – solange es konform zur Markenidentität ist. Aber selbst die „spaßigste“ Marke muss ernst werden, sobald schwerwiegende Themen, wie zum Beispiel Umsatzeinbußen, Entlassungen oder Rückrufaktionen auf der Tagesordnung stehen. Dann sind Professionalität, Seriosität und Authentizität gefragt – oder kurzum: „Krisenkommunikation“. Das zeigt, ein gewisser Grat an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind elementar und ein Zeichen von Markenstärke, gerade in schwierigen Zeiten. Und speziell in solchen, lässt sich gut erkennen, wer den richtigen Ton trifft und wer neben der Musik spielt. Reaktionen wird es für beide Seiten geben. Um Misstöne weitgehend zu verhindern, empfiehlt es sich, sämtliche Charakteristika der Brand Voice in einem Guide festzuhalten. Diese Anleitung sollte im Nachgang – besonders während der Migrationsphase – zum wichtigsten Tool bzw. zur Bibel im Daily Doing aller Personen werden, die mit der Marke arbeiten.
„Wohnst Du noch oder lebst Du schon?” IKEA duzt seine Zielgruppe in Deutschland – und das schon seit 2004. Im Eingangsbereich der Einrichtungshäuser oder im IKEA-Magazin begrüßt das Möbelhaus seine Kunden mit „hej“ oder „hej du“. Diese Ansprache soll so familiär und unkompliziert sein, wie die IKEA-Möbel selbst (zumindest, wenn sie mal aufgebaut sind). So wirkt die Customer Journey ein bisschen wie der Dialog mit einem Bekannten und somit unweigerlich persönlich und irgendwie vertraut. Eine weitere Besonderheit im Wording bzw. der Corporate Language von IKEA sind die Produktnamen, die – wenig überraschend – aus dem skandinavischen Sprachraum stammen. Dafür gibt es sogar ein klares System: Sofas, Sessel oder Couchtische tragen meistens Ortsnamen (wie z.B. KLIPPAN), Badezimmerartikel sind nach Flüssen und Seen benannt (ÖRESUND oder ASUNDEN), Stoffe und Gardinen haben weibliche Namen (ALVINE, EVABRITT etc.),
Stühle und Schreibtische Männernamen wie JONAS oder LUDVIG.
Der Motorrad-Hersteller ist das perfekte Beispiel dafür, wie ein Ton die Zielgruppe nicht mit Samt-, sondern mit Lederhandschuhen anfasst und damit eindeutig dem Archetypus des Outlaws entspricht: Die Stimme der Marke ist folglich rau und schroff, mit dunkler Phonetik, unkomplizierter Rhetorik und – mit Blick auf die US-Amerikanischen Wurzeln – durchzogen von Anglizismen. Die Aussage „Der Ton macht die Musik trifft“ hier den Nagel auf den Kopf bzw. auf den Biker-Helm, da die Persönlichkeit durch einen einzigartigen und konsistenten Tonfall verkörpert wird. Damit fordert Harley Davidson seine Community gleichzeitig auf, der Marke zu zeigen, dass sie es wert ist, eines der Motorräder zu fahren. Und das kommt an bei den rebellischen, mutigen und sehr unabhängigen Kunden (oder solchen, die es werden wollen).
„Taste the Rainbow“! Allein diese fröhliche und verheißungsvolle Aufforderung zieht einen direkt in die Skittles Markenwelt. Der bunte Kaudragees-Hersteller steht für „weirdness“ und Spaß und demonstriert das auch konsistent auf sämtlichen Kommunikationskanälen. Gerade auf Social Media herrscht rhetorische „Anarchie“, durchzogen von viel Humor, allgemeiner Verrücktheit und liebenswerter Schrägheit: „Rainbows are mustaches for the sky.“ oder „It’s all fun and games until the chinchillas show up with the karaoke machine.“ sind typische Beispiele des sehr frequentierten Twitter-Accounts, welcher eindrucksvoll die laute, skurrile und lustige Persönlichkeit der Marke widerspiegelt. Die Folge: Bei Lust auf Süßes, kommt einem Skittles schnell in den Sinn. Das liegt nicht unbedingt daran, dass es die besten Kaubonbons sind, sondern daran, dass der Tone of Voice unglaublich einprägsam ist.
Wie so häufig treffen allerlei Sprichwörter auf Marken zu: „Aussehen zieht an, Charakter hält fest“ ist hier eines, welches sicherlich von diversen Dating-Coaches an die Frau und an den Mann kommuniziert wird und auch bei der Markenentwicklung ins Schwarze trifft. Wenn sich die „Verpackung“ einer Marke als einladend, sympathisch und richtig anfühlt, aber einen das Innere eher enttäuscht zurücklässt, ist die Trennung sehr schnell entschieden. Insbesondere dann, wenn sonst noch keinerlei vertrauensbildenden Maßnahmen ihren Einsatz fanden. Der richtige Tone of Voice kann jedoch dazu beitragen, dass eine tiefergehende Beziehung mit der Zielgruppe Realität wird.
Auch beim Entwickeln einer Tone of Voice gilt stets: „Wo Einheitsbrei aufhört, beginnt Identität.“ Denn wer es schafft, allein durch Wörter positive, erzählenswerte Erinnerungen zu kreieren, wird unweigerlich im Gedächtnis bleiben. Eine gesichtslose Marke, die nur darauf abzielt, Umsatz zu generieren und keinen gesteigerten Wert auf charakterprägende Elemente und nachhaltige Kommunikation mit der relevanten Konsumentenschar legt, wird über kurz oder lang im engmaschigen Wettbewerbsumfeld stecken bleiben. Dann helfen nur noch Unternehmensberater oder – was der smartere Weg wäre – Brand-Experten, um die Marke via Relaunch in die Spur bzw. in die Sichtbarkeit zu bekommen.
Hand aufs Herz – oder in diesem Fall: Herz auf die Zunge – sich von Mitbewerbern zu unterscheiden und abzugrenzen sollte für jedes Unternehmen elementar sein. Und auch, wenn heutzutage unterschiedlichste Mittel und Wege existieren, wie man sich auch ohne wirklichen USP differenzieren kann, so ist die Option über die Sprache vermutlich einer der kreativsten und gleichzeitig auffälligsten. Wer sich nämlich die Zeit nimmt und die Kommunikation der eigenen Branche analysiert, erkennt schnell die ein oder andere Wild-West-Methode nach dem Motto „Besser gut kopiert als schlecht selbst gemacht.“
Ratsamer ist – nicht nur in diesem Fall – das eigene „Ding“ durchziehen bzw. mit eigener Stimme zu sprechen! Sonst wäre auch ein Dasein als Bauchredner-Puppe denkbar…
Wir halten fest – Marken brauchen eine Stimme – genau wie Arielle die Meerjungfrau, die selbige ja recht leichtsinnig gegen Füße eingetauscht hat. In einem Umfeld, wo es – um erfolgreich zu sein – unersetzlich ist, in den Köpfen bzw. noch besser im Relevant Set der Zielgruppe verankert zu sein, gilt es eine offene und authentische Kommunikation aufzubauen. Und das geht nur, wenn Marken Gehör finden. Dabei ist es gänzlich egal, ob es eine groß aufgesetzte, crossmediale Imagekampagne oder der singulär bespielte Instagram-Channel ist. Der Ton macht – wie bereits erwähnt – die Musik und sollte folglich auch essentieller Bestandteil der eigenen Markenidentität sein. Oder um es ganz frei mit den Worten des Autors Helmut Glaßl zu beschreiben: „Der Klang der Stimme verrät den Zustand der Marke.“
Dabei ist entscheidend, dass jeder einzelne Markenbotschafter dieselbe Sprache spricht, um die oft gepriesene Konsistenz zu gewährleisten und Wildwuchs auszuschließen. Gleichzeitig darf nicht ignoriert werden, dass Sprache dynamisch agiert und sich weiterentwickelt. Das erleben wir, teilweise mit Schrecken, an den jährlich ausgezeichneten „Jugendworten des Jahres“ oder auch durch das Einbeziehen etwaiger Genderaspekte wodurch der vor Jahren entwickelte Tone of Voice nicht mehr in die aktuelle Kommunikation bzw. dem gelebten Brand Behaviour fittet. Entscheidend ist, dass die Persönlichkeit der Marke niemals „verraten“ wird und bei allen notwendigen Anpassungen über sämtliche Kommunikationskanäle erkennbar bleibt. Dabei hilft eine klare, stringente und unverwechselbare Brand Voice, die nur entstehen kann durch Mut, gepaart mit einem strategischen und nachhaltigen Konzept. Andernfalls drohen charakterlose, aus der Zeit gefallene Worthülsen die wirklich keinen ansprechen.
Marco Trutter, Brandexperte aus Augsburg, beleuchtet im Rahmen der B4B-Rubrik „trumedia Brand Lab“ regelmäßig die Marketingbranche und gibt konkrete Handlungsempfehlungen für konsistente und nachhaltige Markenkommunikation. Darüber hinaus ist er CEO und Geschäftsführer der trumedia GmbH, die seit 2009 globale Konzerne, mittelständische Unternehmen sowie vielversprechende Start-Ups aus allen Wirtschaftsbereichen – von Automotive über Finance, Food, Fashion und Sports bis hin zu Medical – hinsichtlich Markenführung und -entwicklung unterstützt.
Aber genau hier setzen wir heute an: Der „Tone of Voice“, welcher oftmals unterschätzt, vernachlässigt, „einfach mitgemacht“ oder schlicht vergessen wird, bestimmt maßgeblich, welchen Stil bzw. welche Stimmung die Unternehmenskommunikation verkörpert und welche Kernbotschaften, wie transportiert werden.
Das fängt bereits beim bloßen Wording an und mündet in der klar definierten „Brand Voice“. Doch wie sich der anfänglich auf dem Reisbrett skizzierte Tone of Voice im Zusammenspiel mit der Markenstimme an die definierten Target Groups richtet, ist ein Punkt, welcher innerhalb jedes Brand Building-Prozesses zwingend erarbeitet und abgehakt werden muss. Denn wie soll sonst der Azubi die gleiche Art Kommunikation und den gleichen Schwerpunkt setzen, wie der CEO, der die Brand Voice im besten Falle bereits von Anfang an verinnerlicht und geprägt hat? Wie können die Mitarbeiter klar verstehen, zu welchem Zeitpunkt die Marke autoritär und mal mit einem Augenzwinkern an die Zielgruppe herantritt? Ganz klar: mit einem Plan. Und diesen sollten nicht nur global agierende Brands in der Schublade haben, sondern gerne auch selbstbewusste Mittelständler sowie die kleine Pralinenmanufaktur von nebenan. Aber wie finde ich den richtigen Ton, der zu meiner Marke passt und nicht willkürlich wirkt?
Sicherlich gibt es die ein oder andere Marke, die auf „gut Glück“ eine aus dem Guss wirkende, authentische Brand Voice verwendet, doch das sind eher die Ausnahmen.
Wie bereits kurz angeteasert braucht es einen konkreten Meilenstein innerhalb der Markenentwicklung, der sich ausschließlich diesem Thema widmet und in Zuge dessen das Anforderungsprofil sowie die Leitplanken der künftigen Kommunikation abklopft und festlegt.
Die blauäugige Hoffnung, dieses Unterfangen lässt sich gemütlich in einem Halbtags-Workshop entwickeln, um danach den Fokus wieder auf die visuelle Konzeption der Kommunikationsmittel zu legen, muss ich direkt enttäuschen. Denn es gilt, einen nicht zu unterschätzenden Maßnahmenplan abzuarbeiten: Als allererstes braucht es eine Marken-, Kommunikations- und kanalspezifische Content-Strategie, um die verschiedenen Inhalte sinnvoll über Facebook, Instagram, Twitter und Co. sowie der eigenen Website wortwörtlich zu orchestrieren. Sind die einzelnen Touchpoints konkretisiert, kann darauf aufbauend in die „sensibleren“, feinfühligeren Bereiche der Tonality eingestiegen werden.
In diesem Zusammenhang müssen zusätzlich phonetische Aspekte, Wortwahl und Sprachstil hinterfragt und ein einheitlicher Ansatz definiert werden, wie die Marke ganzheitlich kommuniziert: Wird „gesiezt“ oder „geduzt“? Wie sieht es mit Gendern aus? Ist der Tone of Voice eher dominant, spielerisch, intellektuell, wissenschaftlich, nüchtern oder emotional? Erwartet meine Community ein Vokabular, welche meine Kompetenz untermauert oder sollen die Wörter „nur“ melodisch klingen? Möchten meine (potentiellen) Kunden eine kurze, prägnante Ansprache oder doch lieber lange, mit blumigen Adjektiven verzierte Texte, die zum Träumen einladen? Wichtig ist, dass der Kommunikationsstil klar erkennbar zu den Werten und der Persönlichkeit der jeweiligen Brand passt und nicht störend oder wie ein künstlicher Fremdkörper wahrgenommen wird.
So ist bei einer Anwaltskanzlei oder einem Finanzunternehmen wohl eher eine seriöse und informative Ansprache empfehlenswert. Ein junges Start-Up oder eine stylische Sportmarke kann sicher direkter, lockerer und persönlicher mit der Zielgruppe interagieren. Darüber hinaus ist entscheidend, auf welchem Kanal kommuniziert wird: In einem Anschreiben oder E-Mail sollte eine sachlicher Ton angeschlagen werden.
Über Social Media ist jedoch gegen ein emotionales oder freches Wording nichts einzuwenden – solange es konform zur Markenidentität ist. Aber selbst die „spaßigste“ Marke muss ernst werden, sobald schwerwiegende Themen, wie zum Beispiel Umsatzeinbußen, Entlassungen oder Rückrufaktionen auf der Tagesordnung stehen. Dann sind Professionalität, Seriosität und Authentizität gefragt – oder kurzum: „Krisenkommunikation“. Das zeigt, ein gewisser Grat an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind elementar und ein Zeichen von Markenstärke, gerade in schwierigen Zeiten. Und speziell in solchen, lässt sich gut erkennen, wer den richtigen Ton trifft und wer neben der Musik spielt. Reaktionen wird es für beide Seiten geben. Um Misstöne weitgehend zu verhindern, empfiehlt es sich, sämtliche Charakteristika der Brand Voice in einem Guide festzuhalten. Diese Anleitung sollte im Nachgang – besonders während der Migrationsphase – zum wichtigsten Tool bzw. zur Bibel im Daily Doing aller Personen werden, die mit der Marke arbeiten.
„Wohnst Du noch oder lebst Du schon?” IKEA duzt seine Zielgruppe in Deutschland – und das schon seit 2004. Im Eingangsbereich der Einrichtungshäuser oder im IKEA-Magazin begrüßt das Möbelhaus seine Kunden mit „hej“ oder „hej du“. Diese Ansprache soll so familiär und unkompliziert sein, wie die IKEA-Möbel selbst (zumindest, wenn sie mal aufgebaut sind). So wirkt die Customer Journey ein bisschen wie der Dialog mit einem Bekannten und somit unweigerlich persönlich und irgendwie vertraut. Eine weitere Besonderheit im Wording bzw. der Corporate Language von IKEA sind die Produktnamen, die – wenig überraschend – aus dem skandinavischen Sprachraum stammen. Dafür gibt es sogar ein klares System: Sofas, Sessel oder Couchtische tragen meistens Ortsnamen (wie z.B. KLIPPAN), Badezimmerartikel sind nach Flüssen und Seen benannt (ÖRESUND oder ASUNDEN), Stoffe und Gardinen haben weibliche Namen (ALVINE, EVABRITT etc.),
Stühle und Schreibtische Männernamen wie JONAS oder LUDVIG.
Der Motorrad-Hersteller ist das perfekte Beispiel dafür, wie ein Ton die Zielgruppe nicht mit Samt-, sondern mit Lederhandschuhen anfasst und damit eindeutig dem Archetypus des Outlaws entspricht: Die Stimme der Marke ist folglich rau und schroff, mit dunkler Phonetik, unkomplizierter Rhetorik und – mit Blick auf die US-Amerikanischen Wurzeln – durchzogen von Anglizismen. Die Aussage „Der Ton macht die Musik trifft“ hier den Nagel auf den Kopf bzw. auf den Biker-Helm, da die Persönlichkeit durch einen einzigartigen und konsistenten Tonfall verkörpert wird. Damit fordert Harley Davidson seine Community gleichzeitig auf, der Marke zu zeigen, dass sie es wert ist, eines der Motorräder zu fahren. Und das kommt an bei den rebellischen, mutigen und sehr unabhängigen Kunden (oder solchen, die es werden wollen).
„Taste the Rainbow“! Allein diese fröhliche und verheißungsvolle Aufforderung zieht einen direkt in die Skittles Markenwelt. Der bunte Kaudragees-Hersteller steht für „weirdness“ und Spaß und demonstriert das auch konsistent auf sämtlichen Kommunikationskanälen. Gerade auf Social Media herrscht rhetorische „Anarchie“, durchzogen von viel Humor, allgemeiner Verrücktheit und liebenswerter Schrägheit: „Rainbows are mustaches for the sky.“ oder „It’s all fun and games until the chinchillas show up with the karaoke machine.“ sind typische Beispiele des sehr frequentierten Twitter-Accounts, welcher eindrucksvoll die laute, skurrile und lustige Persönlichkeit der Marke widerspiegelt. Die Folge: Bei Lust auf Süßes, kommt einem Skittles schnell in den Sinn. Das liegt nicht unbedingt daran, dass es die besten Kaubonbons sind, sondern daran, dass der Tone of Voice unglaublich einprägsam ist.
Wie so häufig treffen allerlei Sprichwörter auf Marken zu: „Aussehen zieht an, Charakter hält fest“ ist hier eines, welches sicherlich von diversen Dating-Coaches an die Frau und an den Mann kommuniziert wird und auch bei der Markenentwicklung ins Schwarze trifft. Wenn sich die „Verpackung“ einer Marke als einladend, sympathisch und richtig anfühlt, aber einen das Innere eher enttäuscht zurücklässt, ist die Trennung sehr schnell entschieden. Insbesondere dann, wenn sonst noch keinerlei vertrauensbildenden Maßnahmen ihren Einsatz fanden. Der richtige Tone of Voice kann jedoch dazu beitragen, dass eine tiefergehende Beziehung mit der Zielgruppe Realität wird.
Auch beim Entwickeln einer Tone of Voice gilt stets: „Wo Einheitsbrei aufhört, beginnt Identität.“ Denn wer es schafft, allein durch Wörter positive, erzählenswerte Erinnerungen zu kreieren, wird unweigerlich im Gedächtnis bleiben. Eine gesichtslose Marke, die nur darauf abzielt, Umsatz zu generieren und keinen gesteigerten Wert auf charakterprägende Elemente und nachhaltige Kommunikation mit der relevanten Konsumentenschar legt, wird über kurz oder lang im engmaschigen Wettbewerbsumfeld stecken bleiben. Dann helfen nur noch Unternehmensberater oder – was der smartere Weg wäre – Brand-Experten, um die Marke via Relaunch in die Spur bzw. in die Sichtbarkeit zu bekommen.
Hand aufs Herz – oder in diesem Fall: Herz auf die Zunge – sich von Mitbewerbern zu unterscheiden und abzugrenzen sollte für jedes Unternehmen elementar sein. Und auch, wenn heutzutage unterschiedlichste Mittel und Wege existieren, wie man sich auch ohne wirklichen USP differenzieren kann, so ist die Option über die Sprache vermutlich einer der kreativsten und gleichzeitig auffälligsten. Wer sich nämlich die Zeit nimmt und die Kommunikation der eigenen Branche analysiert, erkennt schnell die ein oder andere Wild-West-Methode nach dem Motto „Besser gut kopiert als schlecht selbst gemacht.“
Ratsamer ist – nicht nur in diesem Fall – das eigene „Ding“ durchziehen bzw. mit eigener Stimme zu sprechen! Sonst wäre auch ein Dasein als Bauchredner-Puppe denkbar…
Wir halten fest – Marken brauchen eine Stimme – genau wie Arielle die Meerjungfrau, die selbige ja recht leichtsinnig gegen Füße eingetauscht hat. In einem Umfeld, wo es – um erfolgreich zu sein – unersetzlich ist, in den Köpfen bzw. noch besser im Relevant Set der Zielgruppe verankert zu sein, gilt es eine offene und authentische Kommunikation aufzubauen. Und das geht nur, wenn Marken Gehör finden. Dabei ist es gänzlich egal, ob es eine groß aufgesetzte, crossmediale Imagekampagne oder der singulär bespielte Instagram-Channel ist. Der Ton macht – wie bereits erwähnt – die Musik und sollte folglich auch essentieller Bestandteil der eigenen Markenidentität sein. Oder um es ganz frei mit den Worten des Autors Helmut Glaßl zu beschreiben: „Der Klang der Stimme verrät den Zustand der Marke.“
Dabei ist entscheidend, dass jeder einzelne Markenbotschafter dieselbe Sprache spricht, um die oft gepriesene Konsistenz zu gewährleisten und Wildwuchs auszuschließen. Gleichzeitig darf nicht ignoriert werden, dass Sprache dynamisch agiert und sich weiterentwickelt. Das erleben wir, teilweise mit Schrecken, an den jährlich ausgezeichneten „Jugendworten des Jahres“ oder auch durch das Einbeziehen etwaiger Genderaspekte wodurch der vor Jahren entwickelte Tone of Voice nicht mehr in die aktuelle Kommunikation bzw. dem gelebten Brand Behaviour fittet. Entscheidend ist, dass die Persönlichkeit der Marke niemals „verraten“ wird und bei allen notwendigen Anpassungen über sämtliche Kommunikationskanäle erkennbar bleibt. Dabei hilft eine klare, stringente und unverwechselbare Brand Voice, die nur entstehen kann durch Mut, gepaart mit einem strategischen und nachhaltigen Konzept. Andernfalls drohen charakterlose, aus der Zeit gefallene Worthülsen die wirklich keinen ansprechen.
Marco Trutter, Brandexperte aus Augsburg, beleuchtet im Rahmen der B4B-Rubrik „trumedia Brand Lab“ regelmäßig die Marketingbranche und gibt konkrete Handlungsempfehlungen für konsistente und nachhaltige Markenkommunikation. Darüber hinaus ist er CEO und Geschäftsführer der trumedia GmbH, die seit 2009 globale Konzerne, mittelständische Unternehmen sowie vielversprechende Start-Ups aus allen Wirtschaftsbereichen – von Automotive über Finance, Food, Fashion und Sports bis hin zu Medical – hinsichtlich Markenführung und -entwicklung unterstützt.
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